TROTZPHASE ist der falsche Begriff? Ich denke nicht, denn viele Eltern fangen wirklich an zu trotzen wenn ihre Kinder selbstständiger werden! Ja, genau, es sind nicht die Kinder, die anfangen zu trotzen, sondern die Eltern. Und Kinder sind Nachahmer…
Warum trotzen Eltern?
Wenn das Kind anfängt gesunde Autonomie zu entwickeln, werden viele Eltern schmerzlich daran erinnert, was sie in ihrer Kindheit in der gleichen Situation erlebt haben. Und den Schmerz, der jetzt hochkommt, können sie nur sehr schwer aushalten. Denn in ihrem Unterbewusstsein ist gespeichert, dass Autonomie etwas Schlechtes ist. Als Kind wurde ihnen nicht erlaubt, ihre Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit zu erfahren und auszuleben. Sie mussten daher einen Teil von sich abspalten.
Daher hat sich bei ihnen abgespeichert, dass Autonomie nicht erlaubt ist, dass man sie unterdrücken muss. So sind sie nun als Eltern begrenzt durch ihre Entwicklungstraumata, ihre tiefen seelischen Wunden, und haben ihre innere Autonomie verloren.
Gefühle wurden übergangen
Der freie Ausdruck von Gefühlen war für sie mit Gefahr verbunden. Vielleicht wurden sie aktiv dafür bestraft, vielleicht wurde ihnen auch ‚nur‘ die Zuwendung entzogen (z.B. allein aufs Zimmer geschickt). Jedenfalls haben sie gelernt, dass der freie Ausdruck von Gefühlen nicht erlaubt und gefährlich ist.
Nun verhalten sich ihre Kinder völlig natürlich und unbefangen mit ihrem Streben nach Autonomie und ihrem Ausdruck von Gefühlen – und das Unterbewusstsein der Eltern gerät in große Not, da es seine Aufgabe war Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken und so vor seelischen Schmerzen zu schützen.
Kinder triggern schmerzhafte Erinnerungen
Die Kinder halten ihren Eltern nun den Spiegel vor und zeigen ihnen, was sie alles unterdrückt haben und wie sehr sie seelisch verwundet sind – und das schmerzt gewaltig.
Und was macht unser Unterbewusstsein bei Schmerzen? Es reagiert mit Abwehrmechanismen. Trotz und Wut sind schützende Abwehrmechanismen, um diesen Schmerz nicht fühlen zu müssen. Ebenso Projektion: Statt die eigenen „Macken“ anzuschauen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, werden die eigenen Themen auf die Kinder projiziert. Das Verhalten der Kinder wird persönlich genommen und die eigenen Themen auf die Kinder projiziert – und damit die Entwicklungstraumata an die nächste Generation weitergegeben. Nun sind es die Kinder, die durch ihre Eltern in ihrer Autonomie eingeschränkt werden und ihre Gefühle verletzt oder übergangen werden.
Diese Verdrehung ist so tragisch, wie sie nachvollziehbar ist.
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